skip to content

              Erneuerbare Energien in der EU 2018

- Neufassung der Online-Arbeit von 2014 - (unter www.wikiservice.at)

1.  Allgemeine Aspekte der Umstellung

1.1  Umstellung als wirtschaftliches und politisches Ziel  

 Als erneuerbar werden die Energiesparten bezeichnet, die im Wesentlichen in verschiedenen Formen aus umgewandleter Sonnenenergie gewonnen und genutzt werden. Da Sonnenenergie die Erde stetig erreicht, ist der Begriff von der dauerhaften Erneuerung her voll gerechtfertigt. Genutzte Formen umgewandelter Sonnenenergie sind: Organische Stoffe pflanzlicher oder tierischer Herkunft (Biomasse) - Wasser- und Windenergie - sowie unmittelbar aus Sonnenstrahlung gewonnener Solarstrom (mittels Photovoltaik) und Solarwärme (mittels Solarkollektoren). Eine nicht von der Sonnenstrahlung abhängige Energieform ist die Nutzung der Erdwärme (Geothermie).

Der schrittweise Wechsel von fossilen zu Erneuerbaren Energieformen wird sowohl von sich verändernden Marktpreisen als auch politischen Zielen bewirkt. Deutlich höhere Marktpreise haben sich phasenweise u. a. beim Energieträger Erdöl entwickelt (18, S. 11). Ein politisches Ziel vieler Länder ist es daher, die Abhängigkeit von importierten, fossilen Energieträgern zu verringern. Deutlich höherrangig ist jedoch das politische Ziel angesiedelt, die teils belegbaren, teils wahrscheinlichen Massivschäden für die globale Umwelt (durch weitere Nutzung fossiler Energieträger) abzuwenden. 

Ein weltweites Aktionsprogramm, das u. a. die Umstellung auf erneuerbare Energien vorsieht ("Agenda 21") ist 1991 von den Vereinten Nationen verabschiedet worden (4, S. 248 ff.). Durch die bereits in vielen Ländern erfolgten Schritte der Umstellung motiviert, hat die Europäische Union im Jahre 2009 mit einer "Erneuerbaren - Energien - Richtlinie" verbindliche Ziele für die weitere Umstellung beschlossen. Für jedes Mitgliedsland wurde vorgegeben, welche Anteile die Erneuerbare Energiegewinnung bis 2020 erreichen soll (12).

                   Abb. 1:                                                       Abb. 2: 

Abb. 1:  Wasserkraftanlage an einem Flusslauf. Abb. 2: Windkraftanlage in Branden-

burg. 

Bei verbindlichen Zielen für die Umstellung wird das technologische Umfeld zunehmend bedeutsamer. Den Erneuerbaren Energieformen lassen sich eindeutige Vorteile, aber auch erschwerende Merkmale der Energiegewinnung zuordnen. Ein uneingeschränkter Vorzug ist, dass die auf Solar- und Windkraft basierenden Energieformen praktisch unerschöpflich sind. Ein weiterer Vorteil ist, dass global schädigende  Klimawirkungen eher unwahrscheinlich sind. Umweltwirksam ist jedoch die nennenswerte Bindung von Rohstoffen für den Anlagenbau. Ferner besteht eine nicht unerhebliche Beanspruchung der offenen Landschaft (u. a. durch Windkraftanlagen) sowie eine als nachteilig empfundene Ansicht von Siedlungen (u. a. durch Solar- Dachanlagen).

Ein technologisches Merkmal vorrangig von Solar- und Windenenergie ist der ungleichmäßige Energieanfall infolge schwankender Sonnenstrahlung und Windbewegung. Da beide Energieformen überwiegend der Stromerzeugung dienen, ist das wechselnde Energieangebot ein deutlicher Nachteil im Vergleich zu kontinuierlich arbeitenden, fossilen Kraftwerken. Bei ansteigender Versorgung durch beide Formen  ist daher eine periodisch einspringende Energiereserve sicher zu stellen. - Im Gegensatz zu den genannten Formen ist Biomasse nicht unbegrenzt verfügbar. Einmal ist die Landfläche an sich begrenzt, zum anderen dürfte diese mit wachsendem Anteil zur Nahrungserzeugung benötigt werden. Die verfügbare  Biomasse hat aber sowohl bei den Feststoffen (u. a. Holz) als auch bei Biogas und Biokraftstoffen den Vorteil, über längere Zeit speicherfähig zu sein. Biomasse befähigt daher dazu, die ungleichmäßig anfallende Solar- und Windenergie durch zuschaltbare Kraftwerke befristet auszugleichen. 

Ein weitergehendes Konzept sieht die Nutzung der phasenweise anfallenden, überschüssigen Wind- und Solarenergie für die Herstellung von Wasserstoff und Methangas vor. Beide Produkte könnten den phasenweise schwächeren Energieanfall durch kurzfristig zuschaltbare Gaskraftwerke auffangen. Mit diesem "Strom zu Gas" - Konzept ist eine dauerhaft sichere Versorgung mit Erneuerbaren Energien denkbar. - Anzufügen ist, dass Wasserkraft in den meisten europäischen Klimazonen einen weitgehend kontinuierlichen Anteil der Energiegewinnung liefert. In Ländern mit hohem Energiebeitrag der Wasserkraft relativiert sich somit der phasenweise auszugleichende Anteil. 

                            Abb. 3:                                                      Abb. 4:

Abb. 3: Flächenhafte Photovoltaik-Anlage. Abb. 4: Ansicht einer Biogasanlage.

Ein weiterhin zu beachtender, wesentlicher Faktor des Technologischen Umfelds ist die dezentrale Art der Erneuerbaren Energiegewinnung. Die bedingt, dass eine zeitlich variierende Stromerzeugung auch dezentral, oft kleinräumig, auzugleichen ist. Dies stellt deutlich höhere Anforderungen an eine ebenfalls dezentrale, automatisierte Überwachung der Stromnetze. Um die skizzierten, mehrfach variierenden Anforderungen an das technologische Umfeld im Detail abbilden zu können, wurde das Modell eine Kombikraftwerkes für den Elektrizitätssektor entwickelt (14). Das Modell beinhaltet die vollständige Stromerzeugung durch Kombination der in Zukunft verfügbaren Anteile Erneuerbarer Energieformen. Mit Hilfe des Modells konnte abgebildet werden, welches Maß an automatisierten Systemdiensten erfoderlich ist, um die dauerhafte Sicherung des Bedarfes und der Netzfunktionen zu erreichen.

Die Ergebnisse des Modells unterstreichen, dass die vorgesehene Umstellung auf Erneuerbare Energien zur sicheren Installierung eine aufgestockte, vermutlich dauerhaft hohe Planungskapazität erfordert. Der stetig hohe Investitionsbedarf ist ein weitere Element, dass bei fortschreitender Umstellung (innerhalb tolerierbarer Energiepreise) zu beachten ist. 

 

1.2  Erreichter Stand der Umstellung

In den letzten beiden Jahrzehnten haben die Erneuerbaren Energien bereits einen nennenswerten Anteil an der globalen Erzeugung von Primärenergie erreicht (19, S. 9). Ein hoher Anteil besteht in den Weltregionen, die vor allem traditionelle Energieträger nutzen, wie Brennholz und andere Biomasse. Dies trifft  u. a. für Afrika und Teile von Asien zu (3, S. 48 f.). In Europa, Nordamerika und China ist der Anteil traditioneller Biomasse deutlich geringer. Hier stehen die technisch anspruchsvolleren, auf die weitere Entwicklung gerichteten Energiesparten im Vordergrund.

Mit der bereits angeführten "Erneuerbaren - Energien - Richtlinie" hat jedes Mitgliedsland  der EU ein Rahmenziel für die schrittweise Umstellung erhalten. Ein weitergehendes Ausbauziel hat der Europäische Rat bereits 2014 beschlossen. Danach soll der Anteil der Erneuerbaren Energien an der verfügbaren Endenergie in der EU bis 2030 auf mindestens 27% angehoben werden (13). - Die bis 2020 geltende Zielvorgabe bietet sich für einen Vergleich mit dem erreichten Stand der Umstellung an. Hierzu wird zunächst ein genereller Überblick zum Stellenwert der Erneuerbaren Energien im Jahre 2016 gegeben.

 

 

Abb. 5: A)  Anteile aller Energieträger an der erzeugten Primärenergie in der EU

(Stand 2016). B) Aufteilung des Beitrags Erneuerbarer Energien nach Energie-

formen. (Quelle: 11).

Die Abb. 5 gibt die Anteile aller Energieträger an der Gesamterzeugung von Primärenergie wieder (Ziff. A). Wie ersichtlich, tragen die Erneuerbaren Energien mit 28% zur Primärproduktion bei. Gegenüber gestellt werden die Anteile der Erneuerbaren Energiesparten, mit denen 28% Primärenergie erzeugt werden (Ziff. B). Der weitaus größte Anteil wird mit 45% von Fester Biomasse gestellt, es folgen Wasser- und Windenergie. Geringere Anteile weisen Solarenergie, die Nutzung erneuerbarer Siedlungabfälle sowie die Geothermie (Erdwärme) auf.

Die "Erneuerbare - Energien - Richtlinie" der EU gibt die Zielwerte für 2020 nicht anhand der Primärenergie, sondern für die verfügbare Endenergie an. Diese stellt die ohne weitere Verluste nutzbare Energie dar. Bei allen weiteren Datenreihen werden anstelle der Endenergie andere, statistisch verfügbare Einheiten verwendet. - Die Übersicht 1 führt für ausgewählte Länder die verfügbare Endenergie insgesamt sowie den Anteil der Erneuerbaren Energieformen an. Ferner ist der vereinbarte Zielwert für das Jahr 2020 angegeben.

Ausgewählt wurden Länder mit unterschiedlicher Bevölkerungszahl und Flächengröße. Es zeigt sich, dass größere Länder wie Frankreich, Spanien und Deutschland den Zielwert im Jahr 2016 noch nicht erreicht haben. Dagegen haben die ausgewählten, relativ kleineren Länder die Zielvorgabe erreicht oder übertroffen. In der EU insgesamt könnte der Zielwert bis 2020 erreicht werden. 

Übersicht 1: Verfügbare Endenergie und Anteile Erneuerbarer Energien sowie deren Zielwerte für 2020 in ausgewählten Ländern der EU. (Quellen: 11; 12).

   

1.3  Stellenwert der Energieformen       

Über einen herausragend hohen Anteil Erneuerbarer Energien verfügen Länder wie Schweden, Finnland und Lettland. Die Übersicht 2 gibt Auskunft, mi welchen Formen der vergleichsweise hohe Stellenwert der Erneuerbaren Energien erreicht wird. Alle Daten geben den Brutto- Inlandsverbrauch an, der einheitlich auf die Messgröße TWh umgerechnet wurde. Für die EU insgesamt ist die Feste Biomasse (Holz, Holzpellets, holzähnliche Pflanzenreste) die bei weitem wichtigste Erneuerbare Energiequelle, gefolgt von der Wasser- und Windenergie. Über hohe Anteile an Fester Biomasse verfügen Finnland, Lettland, Dänemark und Schweden. Weitere tragende Erneuerbare Energiequellen sind die Wasser- und Windenergie. In Deutschland nimmt Biogas eine wichtige Rolle ein.

Die Solarenergie ist außer in klimatisch begünstigten Ländern, wie Spanien und Italien, vor allem in Deutschland stärker vertreten. Hier zeigt sich der bei weiteren Datenreihen noch deutlicher werdende Sachverhalt, dass Deutschland den (in Messeinheiten) größten Ausbaugrad an Erneuerbaren Energieformen aufweist. Dies hat in erster Linie die politisch motivierte und gezielte Förderung nach dem "Erneuerbaren - Energien - Gesetz" bewirkt (5).

Nennenswerte Bedeutung haben weiterhin die Biokraftstoffe, die im wesentlichen Biodiesel und Bioethanol umfassen. Hier ist anzumerken, dass diese Energiequelle sich überwiegend auf importiertes Pflanzenöl gründet.

Übersicht 2:  Brutto- Inlandsverbrauch an Erneuerbarer Energie im Jahr 2016 sowie Beiträge der Energieformen in ausgewählten Ländern  der EU. (Quelle: 11).                                                         

2. Erneuerbare Energiequellen in ausgewählten Ländern.         

2.1  Beitrag der Wasserkraft 

Wie die Übersicht 2 ausweist, steht die Wasserkraft in der EU insgesamt  an zweiter Stelle als Erneuerbare Energiequelle. Die Abb. 6 ergänzt die Übersicht 2 so, dass 10 Länder nach der Nennleistung ihrer Wasserkraftwerke dargestellt werden. Neben der gesamten Nennleistung wird die der "Kleinen Wasserkraft" angeführt. Es handelt sich um Anlagen mit einer Leistung unter 10 MW. Während die Bedeutung der Wasserkraft für Länder wie Schweden und Österreich relativ bekannt ist, gilt dies für die dargestellten Länder Südeuropas weniger. Der Stellenwert der Wasserkraft ist hier jedoch ebenfalls bedeutend.

Abb. 6:  Nennleistung der Wasserkraftwerke im Jahr 2016 sowie die Anteile Kleiner Kraftwerke in Ländern der EU (Auswahl nach ansteigender Kapazität). (Quellen: 11; 10, S. 26 f.). 

Im Vergleich zu anderen Sparten der Erneuerbaren Energien dürfte ein weiterer Ausbau der Wasserkraft nur in gerigerem Umfang möglich sein, Wasserkraftwerke sind an geeignete Standorte gebunden. Diese Standorte liegen überwiegend in Naturräumen mit besonderem Landschafts- und Umweltschutz, der bauliche Eingriffe erschwert oder sogar ausschließt.

2.2  Stellenwert der Windkraft       

Der große Stellenwert der Windenergie gründet sich in erster Linie auf ihr Potential für die Stromerzeugung (21, S. 14 ff.). Dieses Potential ist weltweit installiert, mit einer Kapazität in Reihenfolge der Länder China, der USA, Deutschland und Indien. Die Abb. 7 stellt die installierte Nennleistung für ausgewählte Länder der EU dar.                                                        

 

Abb. 7: Installierte Leistung in Anlagen der Windenergie (2016) mit Beitrag der Meeresstandorte in Ländern der EU (Auswahl nach ansteigender Nennleistung). Quellen: (11; 10, S. 8 f.).

Ergänzend wird die Kapazität der Meeresstandorte angeführt. In allen dargestellten Ländern ist die zugebaute Windenergie in den letzten Jahren stetig, teils beträchtlich angestiegen. Da geeignete Standorte weiterhin vorhanden sind, ist mit einer weiteren, stetigen Erweiterung der Kapazität zu rechnen. Die Windenergie erweist sich somit als maßgebliche Basis einer umgestellten Energiegewinnung.

Neben der Standorteignung hängt der installierte Umfang von der Flächengröße der Länder ab. Die flächenmäßig größeren Länder haben daher auch eine deutlich höhere Kapazität installierter Windnutzung. Der relative Beitrag zur Stromversorgung ist jedoch in flächenmäßig kleineren Ländern, wie Dänemark oder Portugal, relativ am höchsten. - Windkraft ist eine der Erneuerbaren Energiesparten, mit der unter mittleren Bedingungen Strom zu wettbewerbsfähigen Kosten produziert werden kann (1, S. 7 ff.). Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für einen wachsenden Anteil Erneuerbarer Energien am Stromsektor.

2.3  Solarenergie 

Die Solarenergie ist die erneuerbare Kraftquelle, die Sonnenstrahlen unmittelbar in nutzbare Formen - Strom und Wärme - umwandelt. Wie die Übersicht 2 zeigt, steht der Beitrag zum Brutto- Inlandsverbrauch hinter anderen, erneuerbaren Quellen zurück. - Die insgesamt gewonnene Solarenergie umfasst die beiden Formen Solarstrom (Photovoltaik) und Solarwärme. Für beide Nutzungssparten gibt die Abb. 8 die installierten Nennleistungen für die Länder wieder, die nach der angegebenen Reihung höhere Kapazitäten aufweisen. Mit Ausnahme von Österreich und Griechenland überwiegt in den anderen Ländern bei weitem die Nutzung durch Photovoltaik. - Für die Stromgewinnung sind kleinere Einheiten, wie z. B. Dachanlagen mit Netzanschluss, weit verbreitet. Größere Anlagen sind u. a. auf für Solaranlagen umgewidmeten Flächen installiert. Zunehmende Bedeutung wird für kleinere Anlagen erwartet, die für den vorrangigen Eigenverbrauch ausgelegt sind - auch diese im Regelfall mit Netzanschluss (18, S. 91 ff.). -  Die Gewinnung von Solarwärme dient überwiegend der Erwärmung von Brauchwasser, in geringerem Umfang der Einspeisung in die Gebäudeheizung.  

 

Abb. 8: Länder mit größtem Umfang an installierter Solarenergie in der EU im Jahr 2016 (Quellen: 11; 10, S. 14 ff.). 

Die Kosten der solaren Strom- und Wärmegewinnung bewegen sich in einer relativ breiten Spanne, liegen bei mittleren Standorten jedoch über den Kosten z. B. von Wind- und Wasserkraft. Wichtige Parameter für die Kostenspanne sind Größe, Ertragsstandort und spezifische Investitionen der Anlage. Auf typischen mitteleuropäischen Standorten und bei Dachanlagen bewegt sich die Kostenspanne um etwa 20% unter- und oberhalb von 0,20 Euro je KWh (17, S. 432 ff.; 22, S. 238 ff.). Das höhere Kostenniveau je Energieeinheit dürfte dazu beigetragen haben, dass der Zubau von Solaranlagen in der EU in mehreren vergangenen Jahren geringer war als bei anderen erneuerbaren Nutzungen. Es ist anzunehmen, dass das Kostenniveau durch weitergehende technische Fortschritte verringert werden kann. Vor allem auf den ertragsstärkeren Standorten Südeuropas könnte die Photovoltaik dann einen nennenswert höheren Beitrag zur Stromgewinnung leisten. Länder wie Italien und Spanien sind Beispiele, dass sich der Beitrag der Photovoltaik hat kontinuierlich steigern lassen (22, S. 251 ff.).   

2.4  Formen der Bioenenergie 

Die dem Biobereich zugerechneten Energiequellen stellen den größten Teil erneuerbarer Formen in der EU. Von den umgewandelten Rohstoffen her gesehen, ist es der Bereich mit unterschiedlichsten Stoffquellen. Die Abb. 5 gibt die Länder mit relativ hohem Verbrauch nach Reihung des Umfangs wieder.

Abb. 9: Inlandsverbrauch (2016) der wichtigsten Formen der Bioenergie in Ländern der EU (in Reihenfolge des Verbrauchs). (Quellen: 11; 10, S. 42 ff.).

Biogas wird mit nennenswerter Kapazität in Deutschland und Frankreich produziert. Von der gesamten Kapazität an Biogas entfällt knapp ein Drittel auf Anlagen mit ausschließlicher Stromerzeugung, den größeren Anteil stellen Kombianlagen zur Strom- und Wärmegewinnung. Der Zubau mit neuen Anlagen war in den letzten Jahren relativ gering. Das mögliche Potential für Biogas wird jedoch hoch angesetzt, wenn alle geeigneten biologischen Reststoffe zu Gas umgewandelt würden (10, S. 42 f.). Hierzu wären eindeutige gesetzliche Regelungen erforderlich. Da Biogas speicherfähig ist, wird die Nutzung durch phasenweise zuschaltbare Biogaswerke zur Sicherung der Netzfunktionen zunehmen. 

Biokraftstoffe sind in fast allen Ländern der EU eine wichtige Komponente für den Verkehrssektor. Der Umfang der Herstellung gilt nach 2020, dem Endjahr der Zielvereinbarung für Erneuerbare Energien, als wenig gesichert (10, S. 50 f.). Dies dürfte vor allem eine Konsequenz der Kritik sein, die auf die Verarbeitung von importiertem Pflanzenöl und die entstandenen Umweltkonflikte in den Herkunftsländern zielt.

Die Feste Biomasse liefert nicht nur den größten Anteil Erneuerbarer Energie in der EU, sondern umfasst auch die größte Vielfalt an Rohstoffen: Holz, Holzreste, Hackschnitzel, Pellets, Stroh und Energiepflanzen. Etwa 40% der Biomasse wird in Anlagen mit ausschließlicher Stromgewinnung umgewandelt, der größere Anteil mittels kombinierter Strom- und Wärmeerzeugung. - Die Energiebereitstellung durch Biomasse ist im letzten Halbjahrzehnt nennenswert gewachsen. Das Potential dürfte noch wesentlich größer sein. Ein erweiterter Rohstoffbereich könnte durch die systematische Erfassung aller Baum-, Strauch- und Heckenschnitte erschlossen werden, ferner durch den Anbau von Energiepflanzen auf geeigneten, ungenutzten Flächen. Auch die Biomasse ist somit ein Beispiel für nicht ausgeschöpfte, große Reserven für Erneuerbare Energie.

 

3. Wirtschaftliche Kennzahlen

3.1  Umsätze und Bschäftigung

Der gesamte Sektor der Erneuerbaren Energien wird in nennenswertem Maße durch neue Technologien geprägt. Neue Technologien erschließen meistens neue Wirtschaftsfelder  mit neuen Arbeitsplätzen sowie vor- und nachgelagerten wirtschaftlichen Prozessen. Bei einer Darstellung dieser Leistungsfaktoren bleibt meistens offen, in welchem Umfang vorhandene Wirtschaftszweige ersetzt und ob eine Erweiterung der wirrschaftlichen Prozesse erreicht wurde. So umfasste der Berg-und Abbau von Kohle, deren Transport sowie die energetische und chemische Verarbeitung einen umfassenden Wirtschaftssektor, der in den meisten Ländern geschrumpft ist bzw. aufgegeben wurde. Im Folgenden wird der Frage nicht nachgegangen, in welchem Maße Erneuerbare Energiesparten die bestehende Wirtschaftsleistung und Beschäftigung ersetzt haben bzw. dies zu erwarten ist.  

 

Abb. 10: A) Beschäftigte in den mit Erneuerbaren Energien befassten Wirtschaftssektoren der EU im Jahr 2016. B) Erzielte Umsätze 2016 in den mit Erneuerbaren Energien verbundenen Wirtschaftszweigen. (Quelle: 10, S. 102 ff.).

Die Abb. 10 gibt unter Ziff. A  die Zahl der Beschäftigten, unter Ziff. B die Umsätze der Erneuerbaren Energieformen in der EU wieder. In die Darstellung aufgenommen wurden die Daten für Wärmepumpen, da sie statistisch mit den anderen Formen erfasst werden (u. a. 10). Sie nutzen zwar die sich erneuernde Lufttemperatur, setzen diese jedoch mit zu liefernder Antriebsenergie auf ein höheres Wärmeniveau um. 

3.2  Umsätze und Wertschöpfung je Beschäftigtem

Aus den zugeordneten Daten ergibt sich die Frage nach der Wertschöpfung und der Arbeitsproduktivität der Energiesparten. Die Abb. 11 gibt einmal die erzielten Umsätze, sodann zwei  Alternativen der Wertschöpfung je Beschäftigtem wieder. Die Variante 20% erzielter Wertschöpfung grenzt einen wahrscheinlich unteren, die von 30% einen häufig mittleren Bereich der Wertschöpfungsraten ab. Der Begriff der Wertschöpfung umfasst nach Abzug der Sachkosten das durch die Wirtschaftszweige erzielte Gesamteinkommen. (24, S. 82 f.). Dieses Gesamteinkommen beinhaltet die erwirtschafteten Lohnzahlungen (Arbeitskosten), Kreditzinsen, Pachten, die zu zahlenden Steuern und den verbleibenden Gewinn. 

Abb 11: Erzielte Umsätze sowie geschätzte Wertschöpfungsraten je Beschäftigtem (in Tsd. Euro) mit den Formen Erneuerbarer Energien 2016. (Wertschöpfung 1: 20% vom jeweiligen Umsatz, Wertschöpfung 2: 30% vom Umsatz). (Quelle: Eigene Berechnung nach 10, S. 102 ff.).

Bei den Umsätzen je Beschäftigtem und den geschätzten Varianten der Wertschöpfung zeigen sich deutliche Unterschiede der Energiesparten. So weisen Biokraftstoffe hohe Umsätze je Beschäftigtem auf, gefolgt von der Windenergie, der Verwertung von Siedlungsabfällen und dem Einsatz von Wärmepumpen. Deutlich geringere Umsätze je Arbeitskraft ergeben die Erzeugung von Biogas sowie die Energiegewinnung aus Fester Biomasse. In beiden Sparten fallen kleinteilige Arbeitsabläufe an, die eine relativ höhere Beschäftigung bedingen können. Eine weitere Rolle spielt das Preisniveau der hier eingesetzten Vielfalt an biogenen Rohstoffen. Die für einen unteren und mittleren Bereich eingesetzten Varianten der Wertschöpfung folgen den Umsätzen je Beschäftigtem.

3.3  Wirtschaftliche Kennzahlen in ausgewählten Ländern  

Die Abb. 12 gibt ergänzend die mit denErneuerbaren Energien insgesamt erzielten Umsätze sowie die angesetzten Wertschöpfungsraten für ausgewählte Länder der EU wieder. Ausgewählt wurden nach der Bevölkerung und Fläche jeweils drei relativ kleinere und größere Länder. 

 Abb. 12: Erzielte Umsätze sowie geschätzte Wertschöpfung 2016 in ausgewählten Ländern der EU. (Quelle: 10, S.102 ff.).

Wird beachtet, dass die Erneuerbaren Energien in der EU insgesamt einen überschaubaren Anteil von 28% der Primärenergie bereitstellen, sind die erzielten Umsätze sowohl in größeren wie kleineren Ländern beachtlich. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen liefern die Erneuerbaren Energien einen zwar bescheidenen, aber immerhin nennenswerten Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung.

 

4.  Literatur (Auswahl) 

1. Bokermann, R., 2011: Wirtschaftliche Struktur u. regionale Beiträge der Windkraft. Erweiterter Sonderdruck, Ecovast Report No 48, Eastleigh.

2. Bundesministerium f. Verkehr, Bau u. Stadtentwicklung, 2009: Erneuerbare Energien: Zukunftsaufgabe der Regionalplanung. Berlin.

3. Bundesministerium f. Wirtschaft u. Energie, 2017: Erneuerbare Energien in Zahlen. Nationale u. internationale Entwicklung im Jahr 2016. Berlin.

4. Bundesumweltministerium, 1996: Umweltpolitik. Konferenz d. Vereinten Nationen f. Umwelt u. Entwicklung - Dokumente - . Berlin.

5. Deutscher Bundestag, 2017: Gesetz f. den Ausbau erneuerbarer Energien. (Erneuerbare - Energien - Gesetz). BGBl.I, S. 2532 ff., Berlin.

6. Eder, B. (Hrsg.),2012: Biogas Praxis. Ökobuch Verlag, Staufen b. Freiburg.

7. Ehricke, U., 2013: Energierecht. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden- Baden.

8. EurObserv`ER, 2012: Etat des Energies Renouvelables en Europe. 12. EurObserv`ER Report. Internetdatei.

9. EurObserv`ER, 2012: Solid Biomass Barometer. Studie, Internetdatei.

10. EurObserv`ER, 2017: The state of renewable Energies in Europe. 17th EurObserv`ER Report. Internetdatei.

11. Europ. Amt f. Statistik, 2018: Internetdatei Eurostat. Haupttabellen Umwelt u. Energie. Luxemburg.

12. Europ. Parlament / Rat d. Europ. Union, 2009: Richtlinie 2009/28/EG. Amtsblatt d. Europ. Union, L 140/16, Brüssel.

13. Europ. Rat, 2014: Rahmenwerk Klima u. Energie 2030 (deutsche Übersetzung). Beschlüsse d. Europ. Rates. Brüssel.

14. Fraunhofer IWES et al., 2014: Kombikraftwerk 2, Abschlussbericht. Kassel.

15. Gleitmann, S., 2010: Erneuerbare Energien. Hydrogeit Verlag, Oberkrämer.

16. Jenkins, D. (Hrsg.), 2013: Renewable Energy Systems. Verlag Routledge, London/New York.

17. Kaltschmitt, M., W. Streicher u. A. Wiese, 2014: Erneuerbare Energie. 5. erweiterte Aufl.. Verlag Springer Vieweg, Berlin Heidelberg.

18. Kempf, H. / P. Schmidt, 2011: Erneuerbare Energie. Verlag WEKA MEDIA, Kissing.

19. Kohl, H. / W. Dürrschmidt, 2012: Regenerative Energieträger - ein Überblick. Erneuerbare Energie, S. 4 ff.. Hrsg. Th. Bührcke / R. Wengenmayr. Verlag Wiley-Vch, Weinheim.

20. Kreysa, G., 2012: Irrungen u. Wirrungen um Biokraftstoff. Erneuerbare Energie, S. 72 ff.. Hrsg. Th. Bührcke / R. Wengenmayr. Verlag Wiley-Vch, Weinheim.

21. Kühn, M. / T. Klaus, 2012: Rückenwind f. eine zukunftsfähige Technik. Erneuerbare Energie, S. 14 ff.. Hrsg. Th. Bührcke / R. Wengenmayr. Verlag Wiley-Vch, Weinheim.

22. Mertens, K., 2011: Photovoltaik. Carl Hanser Verlag, München.

23. Quaschning, V., 2013: Erneuerbare Energien u. Klimaschutz. Carl Hanser Verlag, München. 

24. Schulte, A., 2003: Entwicklung eines Konzeptes d. Nutzwertanalyse f. Projekte der ländlichen Förderung. Cuvillier Verlag, Göttingen.

25. Stolten, D., 2012: Wasserstoff: Alternative zu fossilen Energieträgern? Erneuerbare Energie, S. 128 ff.. Hrsg. Th. Bührcke / R. Wengenmayr. Verlag Wiley-Vch, Weinheim.